COST Meeting zu nationalen Citizen Science Strategien SofieLayla Thal, Pixabay Lizenz (https://tinyurl.com/yckbvkad)

Am 19.3.2018 fand an der Universität Lissabon ein Meeting im Rahmen der COST “Citizen Science to promote creativity, scientific literacy, and innovation throughout Europe” zu nationalen Citizen Science Strategien statt. Citizen Science Akteurinnen und Akteure aus ganz Europa kamen zusammen, um in diesem ganztägigen Workshop herauszufinden, welche Bedingungen es braucht, damit eine nationale Strategie zu Citizen Science entstehen kann. Es waren sowohl Länder vertreten, die bereits eine nationale Strategie besitzen, als auch solche, die noch keine haben bzw. gerade erst eine Strategie entwickeln. In diesem Rahmen nahm ich als Vertreter für das Citizen Science Network Austria und Österreich forscht teil. In diesem Blogbeitrag möchte ich mich vor allem auf die unterschiedlichen Ländersituationen konzentrieren und diese kurz vorstellen: 

In einer ersten Runde wurden in kurzen Präsentationen bereits bestehende Strategien vorgestellt. Katrin Vohland, Vertreterin für die deutsche Plattform Bürger schaffen Wissen, sprach über die Beweggründe des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung, die Schaffung einer solchen Plattform zu fördern, und was dieser Top-Down Ansatz (also ein Ministerium als Ausgangspunkt für die Organisation der Citizen Science Bewegung in Deutschland) in der konkreten Umsetzung bedeutet. Durch die Positionierung des Ministeriums konnte damit vor allem ein Grünbuch für eine offizielle nationale Strategie für Citizen Science in Deutschland für das Jahr 2020 erreicht werden.

In der nächsten Präsentation konnte ich Österreich forscht als Bottom-Up Initiative von Citizen Science Akteurinnen und Akteuren für Citizen Science Akteurinnen und Akteure dem deutschen Ansatz gegenüberstellen. Während in Deutschland durch vorab definierte Dialogveranstaltungen ein Fahrplan zur Erstellung einer Strategie vorgegeben war, wurde Citizen Science in Österreich vor allem durch die Motivation der einzelnen Mitglieder im Netzwerk geprägt. Durch die Anwendung einer sogenannten Do-ocracy, bei der jedes Mitglied im Netzwerk dieses prägen kann, wenn er bzw. sie bereit ist, Zeit und Arbeit zu investieren, konnte trotz in vielen Bereichen noch fehlender finanzieller Förderung sehr viel erreicht werden. Vor allem die Qualitätskriterien für Citizen Science Projekte auf Österreich forscht sind ein best-practice Beispiel für die Selbstorganisation dieses Netzwerks. Auch Petra Siegele, Leiterin des Zentrums für Citizen Science, war bei diesem Treffen dabei und konnte vor allem auch Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu offiziellen Positionen des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung beantworten.

Férmin Serrano stellte danach die spanische Bewegung vor, die vor allem durch die Stiftung Ibercivis geprägt wurde. Diese nahm sich schon relative früh dem Thema Citizen Science an. Während in Deutschland und Österreich die Entwicklung hin zu Citizen Science Strategien führte, die unter anderem auch festlegen, was unter dem Begriff Citizen Science verstanden wird, ist in Spanien vor allem die Offenheit für verschiedene Konzepte prägend. Dies ermöglicht es viele Initiativen und Projekte zu versammeln, führt aber auch manchmal zu Schwierigkeiten in der Abgrenzung von Bürgerbewegungen zu Citizen Science.

Christina Luís aus Portugal präsentierte dann auch die Citizen Science Bewegung in einem Land, in dem es keine nationale Strategie und auch kein Citizen Science Netzwerk gibt. In Portugal existieren zwar einige Dutzend Citizen Science Projekte, doch eine Vernetzung zwischen diesen fand bisher noch nicht statt. In einem ersten Projekt konnten verschiedene Stakeholder identifiziert werden, die in Zukunft auch angesprochen werden sollen, wenn es um einen Austausch zu diesem Thema geht. Eine große Hürde für ein solches Netzwerk in Portugal ist vor allem die fehlende Finanzierung. Das portugiesische Wissenschaftssystem leidet sehr unter der Budgetknappheit, die seit der Finanzkrise im ganzen Land herrscht.

Bálint Balázs aus Ungarn sprach danach über “Invisible Citizen Science” in seinem Land, welches exemplarisch für viele osteuropäische Länder gelten kann. Der Begriff Citizen Science hat sich bis heute in Ungarn nicht etabliert, was aber nicht bedeutet, dass sie dort fehlt. Es werden sehr viele Do-It-Yourself Projekte durchgeführt, denen allerdings die Vernetzung fehlt. Es herrscht auch eine Skepsis dieser Projekte gegenüber dem westlich geprägten Begriff Citizen Science, da dieser nach ungarischem Verständnis die hiesigen Initiativen nicht wirklich korrekt beschreibt.

Nach dieser ersten Runde des Austausches wurden die weiteren Schritte des Programmes geplant. Es wurde eine Vorlage diskutiert, die helfen soll, die Existenz bzw. Nichtexistenz von Netzwerken und Strategien in den einzelnen COST-Mitgliedsländern (und darüber hinaus) zu erfassen. Dabei soll der Fokus vor allem auch auf den Bedingungen liegen, unter denen Netzwerke existieren oder eben fehlen. Erste Ergebnisse aus der Anwendung dieser Vorlage sollen dann bei einem Treffen der Gruppe in Genf im Juni diskutiert werden.

Auf einer persönlichen Ebene konnte ich mich vor allem auch mit den beiden anwesenden Kollegen aus Schweden, Kjell Bolmgren und Dick Kasperowski, austauschen, die gerade dabei sind, eine nationale Strategie mit einer Onlineplattform für Schweden zu entwickeln, und sehr interessiert am österreichischen Ansatz sind. Es besteht schon eine intensive Beziehung zwischen der österreichischen und schwedischen Citizen Science Community, da einige der schwedischen Projekte das österreichische Citizen Science System von SPOTTERON benutzen. Auch der Erfahrungsaustausch zwischen Österreich und Spanien soll intensiviert werden, wie Férmin Serrano und ich am Rande dieses Workshops besprochen haben. Auch hier besteht bereits eine intensive Beziehung zwischen beiden Ländern, denn Férmin Serrano hat unter anderem mit den Kolleginnen vom Zentrum für Soziale Innovation in Wien das White Paper on Citizen Science verfasst, und ist auch im wissenschaftlichen Beirat des Forschungsförderungsprogramms Top Citizen Science.

Für mich war dieses Treffen ein weiterer Beweis für die Kooperationsbereitschaft zwischen den einzelnen Citizen Science Akteurinnen und Akteuren in ganz Europa. Die unterschiedlichen Ansätze, die in Europa existieren, sind für mich ein Zeichen der Stärke von Citizen Science, denn sie zeigen das dieser Ansatz auch unter unterschiedlichsten Bedingungen Fuß fassen kann.