In den Jahren 2019 und 2020 Jahr rufen wir (Daniel Dörler und Florian Heigl, Universität für Bodenkultur Wien) gemeinsam mit Steffen Fritz (IIASA, Laxenburg) und Silke Voigt-Hecke (Museum für Naturkunde Berlin) dazu auf, Artikel für ein Sonderheft zu schreiben, welche die Rolle diskutieren und aufzeigen sollen, die Citizen Science beim Monitoring und der Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) spielen kann. Zum Beispiel hat das Stockholm Environment Institute in einem Schreiben erklärt, dass Citizen Science dazu beitragen kann, Ziele und Metriken auf verschiedenen Ebenen zu definieren, Fortschritte zu überwachen und Maßnahmen umzusetzen. Insbesondere Citizen Science Projekte können eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung der Daten spielen, die zur Überwachung der Fortschritte bei der Verwirklichung der SDGs erforderlich sind. Darüber hinaus kann Citizen Science die Umsetzung der SDGs erleichtern und ein integraler Bestandteil sozialer Innovation, Transformation und Verhaltensänderung werden.
Wir wünschen uns, dass dieses Sonderheft zu einem Eckpfeiler der wissenschaftlichen Literatur in diesem Bereich wird, welches das Potenzial von Citizen Science im SDG-Prozess veranschaulicht. Wir freuen uns darauf, Beiträge aus allen Disziplinen zu erhalten, die anhand von Fallstudien und bestehenden Projekten veranschaulichen, wie CS zur Erreichung der SDGs auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene beiträgt. Wir begrüßen auch Beiträge, die das zukünftige Potenzial von CS und die Rolle, die CS bei der Erreichung der SDGs spielen kann, aufzeigen. Darüber hinaus sind wir an Beiträgen interessiert, die den Zusammenhang von CS und das Potenzial ihrer Integration mit anderen traditionellen und nicht-traditionellen Datenquellen wie Erdbeobachtung und Big Data im Allgemeinen aufzeigen.
Wir laden weiterhin dazu ein, zu diesem Thema beizutragen, indem Sie Forschungsartikel oder umfassende Rezensionen in verschiedenen Bereichen einreichen. Die für diese Sonderausgabe ausgewählten Artikel unterliegen einem strengen Peer-Review-Verfahren mit dem Ziel einer schnellen und großen Verbreitung von Forschungsergebnissen, Entwicklungen und Anwendungen. Alle Artikel werden offen und frei zur Verfügung gestellt.
Erschienene Beiträge
Mit Klick auf den Titel wird ein Feld ausgeklappt, in dem Sie mehr über den Beitrag erfahren und auch den Link zum Volltext finden.
Editorial: Citizen Science and the Role in Sustainable Development
Wir freuen uns, in dieser Sonderausgabe ein breites Spektrum an Beiträgen zu präsentieren, darunter Forschungsartikel, Rezensionen und Kommentare, die aus verschiedenen Perspektiven untersuchen, wie cs zur Erreichung der SDGs auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene beitragen kann. Hier finden Sie den Volltext: https://www.mdpi.com/2071-1050/13/10/5676/htm
1. Artikel: Co-Designing a Citizen Science Program for Malaria Control in Rwanda
In diesem Artikel wird beschrieben wie gemeinsam mit der Bevölkerung ein Mosquito Monitoring entwickelt wurde, welches zur Kontrolle von Malaria in Rwanda beitragen soll. Zum Volltext.
2. Artikel: Citizen Science for Scientific Literacy and the Attainment of Sustainable Development Goals in Formal Education"
Dieser Artikel beschreibt einen Vorschlag für die Integration eines Citizen Science Projekts in den Lehrplan einer Sekundarstufe, der in jeder Bildungseinrichtung reproduziert werden kann. Dreiundachtzig Sekundarschülerinnen und -schüler (14-15 Jahre alt) nahmen an dieser Forschung an einer Schule im Zentrum einer Stadt in Nordspanien teil.Die Ergebnisse der Studie deuten auf eine deutliche Verbesserung der Einstellung der im Projekt teilnehmenden Schülerinnen und Schüler zu Wissenschaft und Technik sowie auf ein besseres Verständnis wissenschaftlicher Prozesse hin. Zum Volltext.
3. Kommentar: Sustaining Citizen Science beyond an Emergency
Dieser Kommentar befasst sich mit "lessons learned", die über Aspekte der Nachhaltigkeit von Citizen Science erkannt wurden, wie z.B. die offene Wiederverwendung von Daten nach dem Ende eines Projekts oder nach der Dringlichkeit einer Katastrophe. Der Kommentar ist so formuliert, dass er mit neueren Forschungsergebnissen darüber übereinstimmt, wie die Pandemie 2020 mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung (SDGs) zusammenhängt. Der Kommentar plädiert für die Bedeutung offener Daten in der Citizen Science, sowohl beim Plattformdesign als auch bei den Ergebnissen aus Citizen Science Projekten, um die Nachhaltigkeit über einen Finanzierungszyklus oder einen Notfall hinaus zu unterstützen. In diesem Kommentar werden offene Datensätze diskutiert, die während der Reaktion auf den Ebola-Ausbruch im Jahr 2014 entwickelt wurden, sowie die Rolle von gemeinsamen Repositorien, die eine Nutzung über ein einzelnes Projekt hinaus ermöglichen. Es wird untersucht, wie Citizen Scientists einen kreativen Beitrag leisten können, der auf die Ziele der humanitären Katastrophenhilfe abgestimmt ist. Zum Volltext.
4. Artikel: Scientometric Analysis of Research in Energy Efficiency and Citizen Science through Projects and Publications
Im vierten Beitrag fokussiert sich das Autor*innenteam aus Spanien auf Energieeffizienz, und inwieweit Citizen Science in diesen Bereich bereits Eingang gefunden hat. Sie untersuchten dafür 265 von der EU geförderte Forschungsprojekte im Bereich Energieeffizienz, und fanden dabei nur 7 Projekte (das sind 3%), in denen Citizen Science eine Rolle spielte. Auch bei Publikationen war eine Überschneidung dieser beiden Themen überschaubar: nur 336 Dokumente von insgesamt über 230.000 befassten sich mit beiden Themen. Am häufigsten ging es bei den Projekten und Publikationen um die öffentliche Wahrnehmung zum Einsatz erneuerbarer Energien, sowie um Beteiligung von Bürger*innen bei Klimaschutzmaßnahmen und nachhaltiger und verantwortungsbewusster Energienutzung. Der gesamte Artikel ist in der Special Issue online als pdf verfügbar.
5. Artikel: Citizen Science in Germany as Research and Sustainability Education: Analysis of the Main Forms and Foci and Its Relation to the Sustainable Development Goals
Im nächsten Beitrag der Sonderausgabe geht es um 127 Citizen-Science-Projekte auf der deutschen Plattform Bürger schaffen Wissen, und wie sie zu den Nachhaltigkeitszielen beitragen bwz. beitragen könnten. Die Autorinnen fanden die größte Überschneidung mit dem SDG 4 (Bildung für alle), zu dem prinzipiell die meisten Projekte etwas beitragen könnten. Auch zu SDG 15 (Landökosysteme schützen) gibt es große Verbindungen, und das überrascht nicht, hat doch ein großer Teil der Citizen-Science-Projekte einen ökologischen Hintergrund. Der gesamte Artikel ist in der Special Issue online als pdf verfügbar.
6. Artikel: The Tea Bag Index—UK: Using Citizen/Community Science to Investigate Organic Matter Decomposition Rates in Domestic Gardens
Der sechste Beitrag untersucht, wie mit einer einfachen Methode, nämlich dem Vergraben von Teebeuteln in der Erde, Klimawandelforschung betrieben werden kann. Mit dieser einfachen Methode ist es nun erstmals möglich großflächige Daten zur Kohlenstoffbindung in Gärten zu erheben, einem Areal, das der Wissenschaft normalerweise verschlossen bleibt. Je nachdem wie ein Garten bewirtschaftet wird, hat dies auch Auswirkungen auf die Nährstoffgehalte des Bodens und damit auch auf die Kohlenstoffbindung. Damit konnten die Autor*innen zeigen, dass der Tea Bag Index eine einfach anwendbare Methode sein kann, um bestimmte SDGs zu monitoren. Der gesamte Artikel ist in der Special Issue online als pdf verfügbar.
7. Artikel: Application of Modern Web Technologies to the Citizen Science Project BAYSICS on Climate Research and Science Communication
Der bereits siebte Beitrag stellt vor, wie durch Webtechnologien unterschiedliche Beiträge zu den SDGs geliefert werden können. Darunter fallen Daten, die zum Monitoren konkreter SDGs benötigt werden, aber auch Bewusstseinsbildung für einzelne SDGs. Dies wird am Beispiel BAYSICS, einer Online-Citizen-Science-Plattform aus Bayern, sehr anschaulich illustriert. Der gesamte Artikel ist in der Special Issue online als pdf verfügbar.
8. Artikel: Citizen Science in the Field: Co-experimentation at Pilot Scale for Sustainable Use of Natural Resources
Der achte Beitrag zeigt, wie durch ein Gemeinschaftsexperiment mit Bürger*innen der Insel Bangka in Indonesien die Wiederbewohnbarkeit von degradierten Gebieten gelingen kann. Vor allem die Einbindung der Bürger*innen bereits ganz zu Beginn des Prozesses hat sich als sehr erfolgreich herausgestellt, vor allem auch im Hinblick auf die Erreichung von SDG 17 (Umsetzungsmittel und globale Partnerschaft stärken). Der gesamte Artikel ist in der Special Issue online als pdf verfügbar.
9. Artikel: Citizen Science and Citizen Energy Communities: A Systematic Review and Potential Alliances for SDGs
Der neunte Beitrag zeigt vier Wege auf, auf denen die derzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit in Energiegemeinschaften expliziter auf Citizen Science Projekte ausgerichtet werden könnte: Nutzen und Werte, Energiepraktiken, Vermittler und Energie-Bürgerschaft. Jeder dieser Wege könnte Citizen Scientists in die qualitative und quantitative Forschung einbinden und die wissenschaftliche Kompetenz über Energiesysteme erhöhen. Der gesamte Artikel ist in der Special Issue online als pdf verfügbar.
10. Artikel: Local Action with Global Impact: The Case of the GROW Observatory and the Sustainable Development Goals
In diesem Artikel wird das GROW Observatory vorgestellt und wie es dazu beigetragen hat, dass Bürger*innen konkrete Aktionen zum Erreichen diverser SDGs setzen konnten und wie zusätzlich auch noch Daten zum Überwachen dieser Ziele gesammelt werden konnten. Der gesamte Artikel ist in der Special Issue online als pdf verfügbar.
11. Review: The Role of Citizen Science in Meeting SDG Targets around Soil Health
In diesem Beitrag werden Methoden und Plattformen mit Citizen Science vorgestellt, die strukturierte Bodenüberwachungsprogramme ergänzen. Die Autor*innen konzentrierten sich auf Bodenstruktur, organischen Kohlenstoff, Biodiversität, Nährstoffe und Vegetationsbedeckung. Jede Methode wurde hinsichtlich des Zeitbedarfs, der Kosten und der Zuverlässigkeit der Daten als rot, gelb oder grün (RAG) eingestuft. Die Toolkits wurden hinsichtlich der Kosten und des Bedarfs an Spezialausrüstung bewertet. Sie fanden 32 Methoden für die fünf Indikatoren. Drei Bodenüberwachungsmethoden erhielten bei allen Kriterien eine grüne Bewertung und 20 (63 %) erhielten bei zwei Kriterien eine grüne Bewertung. Die Autor*innen haben 13 Toolkits gefunden, die sich für Monitoring der Bodengesundheit mit Citizen Science eignen. Drei von ihnen sind kostenlos, einfach zu benutzen und erfordern keine spezielle Ausrüstung. DieÜberprüfung ergab, dass es für jeden der fünf Indikatoren für die Bodengesundheit mehrere Methoden und Toolkits für Citizen Science gibt. Das gesamte Review ist auf der Journalseite des Special Issues zu finden.
12. Artikel: Citizen Science Monitoring for Sustainable Development Goal Indicator 6.3.2 in England and Zambia
13. Artikel: Knowledge Translation and Its Interrelation with Usability and Accessibility. Biocultural Diversity Translated by Means of Technology and Language—The Case of Citizen Science Contributing to the Sustainable Development Goals
14. Artikel: A Buzz for Sustainability and Conservation: The Growing Potential of Citizen Science Studies on Bees
Die Ausweitung der Beteiligung von Bürger*innen an Citizen Science-Projekten kann sowohl für Citizen Scientists als auch für professionelle Wissenschaftler*innen von Vorteil sein. In letzter Zeit ist Citizen Science als wichtige Datenquelle für das Monitoring der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) in den Fokus gerückt. Da Bienen eine wesentliche Rolle bei der Bestäubung von Nutzpflanzen spielen, haben Citizen Science-Projekte zu Bienen ein hohes Potenzial zur Erreichung der SDGs beizutragen. Durch eine systematische Durchsicht von Citizen Science Studien über Bienen wurde untersucht, wie diese Studien zum Monitoring der SDGs beitragen können. Zusätzlich wurde evaluiert, ob Citizen Science Prinzipien eingehalten wurden. Der gesamte Artikel ist auf der Journalseite des Special Issue zu finden.
15. Artikel: A Self-Assessment of European Citizen Science Projects on Their Contribution to the UN Sustainable Development Goals (SDGs)
Es wird oft davon ausgegangen, dass Citizen Science-Projekte aufgrund ihres partizipativen Charakters und des Potenzials für soziale Transformation zu den globalen nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) beitragen. Um eine praktische Perspektive in den Dialog einzubringen, haben die Autor*innen eine Umfrage entworfen, um direkte Einschätzungen des Beitrags von Citizen Science zu den SDGs von europäischen Projektteilnehmer*innen zu erhalten. Die Teilnehmer*innen gaben an, den größten Beitrag zu drei der SDGs zu leisten: 'Good health and well-being', 'Quality education' und Life on Land'. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass Citizen Science-Projekte in Europa in Zukunft alle SDGs unterstützen könnten, wenn sie dabei weiter gefördert werden. Zweiundsiebzig Prozent der Teilnehmer*innen gaben an, dass ihre Projekte an der Datenerfassung beteiligt sind und 30% gaben an, Daten zu melden, aber 19% geben überhaupt keine Daten weiter. Die Ergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass es europäischen Citizen-Science-Projekten an Infrastrukturen und institutioneller Unterstützung fehlt, um die Weitergabe von Daten zu erleichtern.
Der gesamte Artikel ist auf der Journalseite des Special Issue zu finden.
16. Artikel: Coordinator Perceptions When Assessing the Impact of Citizen Science towards Sustainable Development Goals
Um die Probleme und möglichen Lösungen rund um die Folgenabschätzung für den Fortschritt der SDGs besser zu verstehen, werden in dieser Arbeit die Ergebnisse von halbstrukturierten Interviews mit Koordinatoren von Citizen Science-Projekten vorgestellt. Sie zeigen die Komplexität der Folgenabschätzung in einem Citizen Science-Kontext. Die Koordinatoren zeigen größeres Vertrauen, wenn das Projekt leichter mit den SDGs in Verbindung gebracht werden kann und die Projektmethodik Indikatoren objektiv messen kann. Probleme gibt es jedoch, wenn SDGs mit einem breiteren, globalen Kontext betrachtet werden, die schwieriger mit den Projektzielen zu verknüpfen sind und wenn die Auswirkungen des Projekts auf sie in Zeiträumen jenseits des Förderzeitraums stattfinden. Wenn das volle Potenzial von Citizen-Science-Beiträgen zu den SDGs ausgeschöpft werden soll, werden Ansätze benötigt, die die Bedürfnisse und Motivationen der Praktiker vollständig berücksichtigen.
Der gesamte Artikel ist auf der Journalseite des Special Issue zu finden.
17. Artikel: Citizen Science as Democratic Innovation That Renews Environmental Monitoring and Assessment for the Sustainable Development Goals in Rural Areas
Das Leben an Land (SDG 15) steht heutzutage unter großem Druck durch menschliche Aktivitäten. In diesem Zusammenhang untersuchen Ferrari et al. (2021) in ihrem Kommentar, wie Citizen Science Legitimitätsprobleme angehen kann, welche die Autor*innen in traditionelleren ökologischen Monitoringansätzen identifiziert haben. Dies könnte möglicherweise die Rolle von Citizen Science in der Datenproduktion verbessern. Der Kommentar entwickelt zwei zusammenhängende Argumente für ein besseres Verständnis der Grenzen dessen, was wir als "traditionelles" Umweltmonitoring und -bewertung (Environmental Monitoring and Assessment, EMA) bezeichnen, sowie das Potenzial von Citizen Science (CS) zur Stärkung der Legitimität von EMA bei der lokalen Umsetzung der SDGs.
Der gesamte Artikel ist auf der Journalseite des Special Issue zu finden.